The Austrian Political Stock Market

Analyse eines politischen Aktienmarktes
Diplomarbeit


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3.3 Ergebnisse des Marktes "EU-Volksabstimmung (Testmarkt)

Die Datenauswertung zu diesem Markt wird sich auf die wichtigsten Ergebnisse beschränken. Der Grund liegt darin, daß sich dieser Markt in einem bedeutenden Punkt von "normalen" politischen Aktienmärkten unterscheidet: der EU-Markt bezieht sich auf eine Volksabstimmung und nicht wie üblicherweise auf eine Wahl. Weiters war dies jener Markt, der als erster geschlossen wurde und als erster Check für das Design betrachtet wurde. Somit war der EU-Markt eine Art Testmarkt, sowohl für Händler als auch für die Marktbetreuung; das Ergebnis waren Erfahrungswerte vor allem im Zusammenhang mit dem Umgang mit dem System. Für die Trader war es eine Art erstes Feedback, das für viele relativ schmerzlich war. Gewinne und Verluste waren jeweils sehr hoch und betrugen bei einigen mehr als 25% des eingesetzten Kapitals. Durch diesen "Schock" konnte man annehmen, daß viele Teilnehmer ihre Strategien zu überdenken begannen, bzw. versucht wurde, sich schneller und besser zu informieren.

3.3.1 Allgemeine Resultate

Ergebnis APSM: OGM: Gallup: Market: IFES:
% 10.6.94 11.6.94 9.6.94 4.6.94 4.6.94
JA 66.58 54.0 45 50 54 35
NEIN 33.42 46.4 25 36 43 17
unentschlossen --- --- 30 14 3 35

Tabelle 1: Ergebnis, APSM sowie Meinungsumfragen der EU-Volksabstimmung (19)

Bis zum Tag der EU-Volksabstimmung war ein Großteil der Wähler noch unentschlossen. Dies veranlaßte einige Meinungsforschungsinstitute ihre "Prognosen" erst nach dem Bekanntwerden des Ergebnisses zu publizieren. Die folgende Tabelle zeigt drei solcher "Prognosen" im Vergleich mit dem APSM:
Ergebnis APSM: IFES: Gallup: Ökonsult:
% 10.6.94 13.6.94 13.6.94 13.6.94
JA 66.5854.0 12.5855 11.5857 9.58 57,3 9.28
NEIN 33.4246.4 12.9845 11.58 43 9.58 42,7 9.28
TE 25.56 23.16 19.16 18.56
MAE 12.78 11.58 9.58 9.28
RSME 12.78 11.58 9.58 9.28

Tabelle 2: ASPM im Vergleich mit Meinungsumfragen (20)

TE (total error) = MAE (mean average error) = RSME (root squared mean error) (21) =

Die Kursverläufe der Aktien des Marktes EU-Volksabstimmung sind in den weiter unten angeführten Grafiken ersichtlich. Auffallend ist dabei der relativ geringe Umsatz, wobei diese besonders in den ersten Tagen nach der Marktöffnung sehr niedrig waren. Nach diesen ersten zwei Wochen, bewegt sich der Kurs der Ja-Aktie zwischen 54% und 56% während der Kurs der Nein-Aktie sich zwischen 44% und 46% bewegt. Es gibt keinerlei besonderen Kurssprünge, die das Eintreffen von neuen Informationen anzeigen würden. Im Unterschied zu einer Wahl, die alle 4 Jahre abgehalten wird ist eine Volksabstimmung etwas einmaliges. Die Unsicherheit vor der Abstimmung war sehr hoch; die wenigsten waren von einem eindeutig positiven Ausgang überzeugt und alle waren, nach der Abstimmung, von der Zweidrittelmehrheit für den Beitritt zur EU überrascht. Die Prognose des APSM war am Vortag der Abstimmung eine Zustimmung von 54%; das engültige Ergebnis lag allerdings bei 66,58%. Die EU-Abstimmung fand am Sonntag den 12.06.1994 statt. Am darauffolgenden Montag öffnete der EU-Markt wie an jedem Werktag um 9.00 Uhr. Dies ist eine Besonderheit, denn in allen übrigen uns bekannten politischen Aktienmärkten werden die Märkte am Tag vor der Wahl geschlossen (22). Die Auswirkung der vorläufigen Ergebnisse der Volksabstimmung auf die Kurse entspricht einem typischen Noah-Effekt (23). Dieser Effekt tritt dann auf, wenn eine neue, exogene Information sofort in den Kursen widergespiegelt wird. Oft tritt in diesem Zusammenhang eine Überreaktion ein, d.h. die Kurse bewegen sich zu weit in die eigentlich richtige Richtung. Diesen Fall sehen wir zum Beispiel am Mittelkurs der Nein-Aktie am Tag nach der Volksabstimmung. Der Kurs liegt unter 32%, obwohl das Endergebnis über 33% beträgt (24).

3.3.2 Kursdiagramme

Abbildung 5: Kursdiagramm aller Aktien des Marktes EU-Volksabstimmung (nicht verfügbar)

3.3.2.1 JA-Aktie

Abbildung 6: Börsendiagramm der JA-Aktie

Abbildung 7: Börsendiagramm mit gleitenden Durchschnittskurven der JA -Aktie

Abbildung 8: Eingegebene limitierte Kauf- und Verkauforder der JA-Aktie (nicht verfügbar)

Abbildung 9: Alle Transaktionen der JA-Aktie

Abbildung 10: Zeitlich verzerrter Kurs der JA-Aktie

3.3.2.2 Nein-Aktie

Abbildung 11: Börsendiagramm der Nein-Aktie

Abbildung 12: Börsendiagramm mit gleitenden Durchschnittskurven der Nein-Aktie

Abbildung 13: Eingegebene limitierte Kauf- und Verkauforder der Nein-Aktie (nicht verfügbar)

Abbildung 14: Alle Transaktionen der Nein-Aktie

Abbildung 15: Zeitlich verzerrter Kurs der Nein-Aktie

3.4 Ergebnisse des Marktes "Nationalratswahlen"

3.4.1 Allgemeine Resultate

Result APSM: OGM: Gallup ISMA
%8.10.94 8.10.946.10.94
SPÖ 34.92 37.0 2.08 38- 3.08 37.6 2.68 39 4.08
ÖVP 27.67 27.2 0.47 -26 1.67 26.8 0.87 27 0.67
FPÖ 22.50 21.2 1.30 22 0.50 20.6 1.90 20 2.50
Grüne7.31 8.0 0.69 8- 0.69 7.2 0.11 7 0.31
LF 5.97 4.0 1.97 4-5 1.47 4.3 1.67 4 1.97
Other 1.63 2.2 --- --- ---
TE 6.51 7.41 7.23 9.53
MAE 1.302 1.482 1.446 1.906
RSME 1.456 1.741 1.694 2.338

Tabelle 3: ASPM und Meinungsumfragen im Markt Nationalratswahlen (25)

Abbildung 16: MAE für politische Aktienmärkte und Meinungsumfragen (26)

Abbildung 17: Order pro Woche (27)

Abbildung 18: Anzahl gehandelter Aktien im Markt Nationalratswahlen (ohne Bündel) (28)

3.4.2 Kursdiagramme

Abbildung 19: Kursdiagramm aller Aktien des Marktes Nationalratswahlen

3.4.2.1 SPÖ-Aktie

Der Kursverlauf der SPÖ-Aktie kann grob in zwei Hälften unterteilt werden. Eine Hälfte ist der Zeitraum vor der EU-Volksabstimmung, die zweite Hälfte bildet der Zeitraum nach diesem Ereignis. Nach anfänglichen (unbegründeten) Schwankungen liegt der Kurs knapp über 37%. Am 13.06.1994 und 15.06.1994 sieht man auf dem Börsendiagramm (Abbildung 21 ) ein Preissignal nach oben: der Mittelkurs dieser beiden Tage liegt deutlich über 37%. Diese positive Kurstendenz wird durch das sehr hohe Handelsvolumen unterstützt. Das Orderdiagramm in Abbildung 23 (S.55) unterstellt auch einen Kursanstieg nach der EU-Volksabstimmung, was durch die im Vergleich zum Angebot große Nachfrage ersichtlich wird. Die SPÖ unterstützte neben der ÖVP und dem Liberalen Forum den Betritt Österreichs zur EU. Durch den positiven Ausgang der EU-Volksabstimmung erwartete man auch von der fundamentalen Seite her ein zulegen dieser Parteien. Der Kursanstieg kam allerdings nicht so rasch, wie man vielleicht erwartet hätte. Dies ist vor allem auf das sehr geringe Handelsvolumen zurückzuführen. Ende Juli/Anfang August erreichte der Kurs knapp 40%. Obwohl der Kurs Ende Juli noch nicht das Maximum erreicht hatte wurden am 28.07.1994 limitierte Verkaufsorder im Ausmaß von über 100 Stück eingegeben. Dies ist die größte Anzahl je an einem Tag zum Verkauf angebotener SPÖ-Aktien. Vier Tage später schneiden sich alle drei Durchschnitte. Diese beiden Signale können als Hinweis auf eine Trendwende aufgefaßt werden. Tatsächlich pendelt sich der Kurs nach einigen Tagen bei ungefähr 39% ein. Die anschließende Seitwärtsbewegung wird bis zum 9.9.1994 fortgesetzt. An diesem Tag beginnt ein Meinungsumschwung sich durchzusetzen. Betrachtet man das Orderdiagramm so sieht man, daß vor diesem Datum das Volumen der Kauforder jenes der Verkaufsorder entweder überstieg oder sich ungefähr die Waage hielten. Nach diesem Datum überwiegt ganz offensichtlich das Volumen der Verkaufsorder. Der durch diesen Angebotsdruck zu erwartende Kursverfall findet allerdings erst in den letzten zwei Wochen statt. Der Kurs fällt dabei von etwas weniger als 40% um fast 3%-Punkte auf ungefährt 37%. Sieht man sich das Börsendiagramm in Abbildung 22 an, so ist dieser Kursverfall sicherlich einer der steilsten während dem gesamten Zeitraum.

Abbildung 20: Performance SPÖ-Aktie

Abbildung 21: Börsendiagramm der SPÖ-Aktie

Abbildung 22: Börsendiagramm mit gleitenden Durchschnittskurven der SPÖ-Aktie

Abbildung 23: Eingegebene limitierte Kauf- und Verkauforder der SPÖ-Aktie (nicht verfügbar)

Abbildung 24: Alle Transaktionen der SPÖ-Aktie

Abbildung 25: Zeitlich verzerrter Kurs der SPÖ-Aktie

3.4.2.2 ÖVP-Aktie

Der Kursverlauf der ÖVP-Aktie korreliert sehr stark mit dem Verlauf der SPÖ-Aktie. Ebenso wie der Verlauf der SPÖ-Aktie kann auch bei der ÖVP-Aktie generell zwischen dem Zeitraum vor und dem Zeitraum nach der EU-Volksabstimmung unterschieden werden. So bewegt sich der Kurs bei mäßigen Umsätzen von 28,5% in einem Trend bis auf ungefähr 27% nach unten. Am 15.06.1994 also 3 Tage nach der EU-Volksabstimmung wird ein, im Vergleich zum Durchschnitt, signifikant höheres Umsatzvolumen erzielt. Der Trend nach unten endet aber erst am 20.06.1994. An diesem Tag werden limitierte Kauforder im Ausmaß von über 1000 Stück abgegeben, was dem höchsten, an einem Tag nachgefragten, Volumen entspricht. Nur fünf Tage später bilden die drei gleitende Durchschnitte ein gut ausgeprägtes Golden Cross. In den folgenden Wochen kommt es zu einem schwachen Aufwärtstrend. Am 28.07.1994 wird dieser Trend in Frage gestellt. Bei einem hohen Umsatzvolumen schneidet der 5-Tagedurchschnitt den 10-Tagedurchschnitt. Zudem übersteigt das Volumen der Verkaufsorder das Volumen der Kauforder signifikant. Dennoch wird der Trend nach oben bei schwachen Umsätzen fortgesetzt. Das Maximum des Durchschnittkurses wird am 5.08.1994 bei etwas unter 31% erreicht. In der Folge fällt der Kurs, der erst am 19.08.1994 gestoppt wird. Bis zum 29.09.1994 bewegt sich der Kurs um 29,5%. An diesem Tag erreicht das Volumen der limitierten Verkaufsorder das Maximum, wobei keine entsprechenden Kauforder vorhanden sind. Die Folge ist, daß am darauffolgenden Tag der Kurs beim zweithöchsten Umsatzvolumen um fast einen Prozentpunkt verliert. Bis zu den Wahlen am 9.10.1994 fällt der Kurs bis auf 27,2% ab.

Wie beim Kursverlauf der SPÖ, so ist auch bei jenem der ÖVP der rasante Kurssturz in den letzten zwei Wochen am auffallendsten. Von der fundamentalen Seite kann dies auf das hohe Interesse in der Bevölkerung, an den, in den letzten vier Wochen durchgeführten TV-Debatten, zurückgeführt werden.

Abbildung 26: Performance der ÖVP-Aktie

Abbildung 27: Börsendiagramm der ÖVP-Aktie

Abbildung 28: Börsendiagramm mit gleitenden Durchschnittskurven der ÖVP-Aktie

Abbildung 29: Eingegebene limitierte Kauf- und Verkauforder der ÖVP-Aktie (nicht verfügbar)

Abbildung 30: Alle Transaktionen der ÖVP-Aktie

Abbildung 31: Zeitlich verzerrter Kurs der ÖVP-Aktie

3.4.2.3 FPÖ-Aktie

Der Kursverlauf dieser Aktie ist besonders interessant. Nach anfänglichen Schwankungen in den ersten eineinhalb Wochen klettert der Kurs innerhalb von drei Wochen von etwas über 18% auf fast 22%, wobei am 17.05.94 ein erstes Hoch erziehlt wird. Zwei Tage später schneidet der 5-Tagesdurchschnitt den 10-Tagedurchschnitt von oben und 6 Tage später erfolgt dasselbe für den 10- und 20-Tagedurchschnitt. Dies entspricht einem Todeskreuz, allerdings in einer abgeschwächten Form, da der 10- bzw. 20-Tagesdurchschnitt im Schnittpunkt noch horizontal verläuft. Der Kurs fällt anschließend ebenso rasch, wie er gestiegen ist und erreicht ein Zwischentief am 6.06.94 bei ungefähr 19,5%. Bis zur EU-Volksabstimmung steigt der Kurs wieder, fällt nach dem 15.06.94, dem Tag mit den bisher größten Umsätzen, kontinuierlich bis zum 18.08.94. Dieser Zeitraum entspricht weitgehend den Sommerferien, die vor allem durch ein geringes Handelsvolumen gekennzeichnet sind. Dennoch war der 28.07.94 der Tag mit den höchsten Tagesumsätzen. Sieht man sich das Ordervolumen an, so sieht man, daß signifikant mehr Aktien zum Verkauf angeboten werden, als nachgefragt werden, wobei dieses Bild bereits am 8.08.94 umgedreht wird. Am 18.08.94 erreicht die FPÖ-Aktie ihren absoluten Tiefstand, der bei ungefähr 18% liegt. An diesem, sowie am darauffolgenden Tag werden limitierte Kauforder im Ausmaß von mehr als 200 Stück (!) aufgegeben. Die Folge ist ein Ansteigen des Kurses auf über 19% und einer Seitwärtsbewegung, die am 5.09.94 kurz unterbrochen wird. An diesem Tag schneiden sich auch alle 3 Durchschnittskurven. Die Seitwärtsbewegung wird bis zum 22.09.94 fortgesetzt, allerdings bewegt sich der Kurs jetzt knapp unterhalb der 19%-Grenze. Dieser Tag ist ganz entscheidend für den weiteren Kursverlauf und somit für den Ausgang der Wahlen. Drei Faktoren treffen zusammen:

Am 29.09.94 tangiert der 5-Tagedurchschnitt bei einem hohen Handelsvolumen den 10-Tagedruchschnitt, durchbricht ihn aber nicht. Sieht man sich das Ordervolumen an diesem Tag an, so ist es offensichtlich, daß einem weiteren Kursanstieg nichts entgegenstand: Die Nachfrageorder erreichten an diesem Tag ein absolutes Maximum von über 300 Stück. In den letzten Wochen vor den Wahlen kommt es bei einem relativ hohen Umsatz zu einem rasanten Kursanstieg, der erst bei über 21% endet. Innerhalb von 17 Tagen legt der Kurs um satte ATS 0,25 zu; dies entspricht einem Stimmenzuwachs von 2,5%-Punkten und einem relativen Kurszuwachs von über 10%.

Abbildung 32: Börsendiagramm der FPÖ-Aktie

Abbildung 33: Börsendiagramm mit gleitenden Durchschnittskurven der FPÖ-Aktie

Abbildung 34: Eingegebene limitierte Kauf- und Verkauforder der FPÖ-Aktie (nicht verfügbar)

Abbildung 35: Alle Transaktionen der FPÖ-Aktie

Abbildung 36: Zeitlich verzerrter Kurs der FPÖ-Aktie

3.4.2.4 Grüne-Aktie

Die Kursverläufe der zwei kleineren Parteien Grüne und LF sowie der "Andere-Aktie" sollen in einem gemeinsamen Rahmen gesehen werden. Durch die relativ geringen Umsätze ist es nicht möglich bestimmte politische Ereignisse bestimmten Kursbewegungen zuzuordnen. Bei der Grüne-Aktie und der LF-Aktie könnte angenommen werden, daß aufgrund des Bekenntnisses von 24% der Teilnehmer zu den Grünen und von 31% zum LF die Teilnehmer ein besonderes Interesse für diese Parteien hatten. Dieses Interesse ist nicht dahingehend zu verstehen, daß die Präferenz einer Partei zu einer Überbewertung der entsprechenden Aktie führt; auf diese Frage wurde schon früher eingegangen. Vielmehr könnte erwartet werden, daß die Prognose des APSM für den Wähleranteil dieser Partei im Vergleich mit den anderen Parteien besser sein müßte. Ein solcher Zusammenhang kann allerdings nicht gefunden werden. So ist zwar der Fehler der Prognose für die ÖVP-Aktie, bei einer Präferenz dieser Partei von 31% unter den Teilnehmern, mit 0,47% der geringste; die Prognose der LF-Aktie hat, bei einer gleichhohen Präferenz unter den Teilnehmern, eine Abweichung von 1,97% und ist damit die Zweitgrößte in diesem Markt (29). Dies zeigt wiederum, daß Parteipräferenzen der einzelnen Teilnehmer keinerlei signifikante Auswirkungen auf das Endergebnis haben, seien diese nun negativer als auch positiver Art.

Betrachtet man den Verlauf des Kurses der Grüne-Aktie in Abbildung 40, so fällt auf, daß, abgesehen von Kursschankungen kurz nach der Marktöffnung und kurz vor Marktschluß, der Kurs bei umgerechnet ca. 6% verläuft. Die anfängliche Kursschwankung kann als ein langsames Einpendeln betrachtet werden, da jeder Teilnehmer noch unsicher ist, wie die anderen Teilnehmer agieren. Interessanter ist allerdings der Kurssprung einige Tage vor den Wahlen. Dieser Sprung vollzieht sich am Tag vor der Wahl von einem Wähleranteil von 6% hin zu einem Wähleranteil von 8%. Diese Kurssteigerung bedeutet einen Kursgewinn von mehr als 30% innerhalb weniger Tage. Dieser Sprung fand am 4.10.1994 mit einem Kursausbruch nach oben statt. Der Mittelwert des Kurses lag an diesem Tag knapp unter 7%; an den darauffolgenden Tagen stieg der Kurs weiter und die Bandbreite der Kurse war deutlich größer und reichte von ATS 0,65 bis ATS 0,80.

Die Tatsache, daß kurz vor den Wahlen die Bandbreite der Kurse größer wird, kann bei praktisch allen Aktienkursverläufen des APSM beobachtet werden. Starke Schwankungen innerhalb kurzer Zeit bedeuten, daß der "wahre" Wert einer Aktie umstritten ist und deshalb dieser auch nicht bestimmt werden kann. Allerdings zeigt sich, daß ein Durchschnittskurs, der aus den Kursen der letzten paar Tage gebildet wird, das Ergebnis des APSM nur sehr geringfügig verschlechtert. Die relativ großen Kursschwankungen haben dadurch keinerlei gravierenden Einfluß auf das Ergebnis. Bei der Berechnung von Durchschnittskursen besteht allerdings immer das Problem, daß es beliebig viele Möglichkeiten gibt, diese zu berechnen. Dies könnte auch mit ein Grund dafür sein, daß das Design von Forsythe vorsieht, den Schlußkurs und nicht irgendeinen Durchschnittskurs zur Prognose zu verwenden. Zudem stellte Smith in Versuchen fest, daß beim Vorhandensein von weniger risikoaversen Anlegern die Aktienkurse zwar stärker schwanken, aber zugleich schneller ein Gleichgewicht gefunden wird.

Abbildung 37: Börsendiagramm der Grüne-Aktie

Abbildung 38: Börsendiagramm mit gleitenden Durchschnittskurven der Grüne-Aktie

Abbildung 39: Eingegebene limitierte Kauf- und Verkauforder der Grüne-Aktie (nicht verfügbar)

Abbildung 40: Alle Transaktionen der Grüne-Aktie

Abbildung 41: Zeitlich verzerrter Kurs der Grüne-Aktie

3.4.2.5 LF-Aktie

Bereits bei der Diskussion der Grüne-Aktie wurde diese bereits erwähnt und es wurden auch einige Anmerkungen angebracht. Interessant scheint bei der näheren Analyse vor allem die Tatsache zu sein, daß während des gesamten Verlaufs der Kurs nie unter die zum Einzug ins Parlament nötige 4%-Hürde gefallen ist. Überraschend ist dies vor allem deshalb, da in der öffentlichen Diskussion doch beträchtliche Zweifel darüber bestanden. Der größte Unsicherheitsfaktor ist sicherlich darauf zurückzuführen, daß diese Partei erst seit kurzer Zeit existiert und noch nie um den Einzug in das Parlament gekämpft hat. Der Erfolg der LF wird von Meinungsforschern zum einen auf die Persönlichkeit Heide Schmidts zurückgeführt. Zum anderen waren 54% der für das LF entfallenen Stimmen taktisch, um "Haider in der Regierung zu verhindern". (30)

Im Kursverlauf der LF-Aktie sind keinerlei Besonderheiten erkennbar; einzig die großen Schankungen am Tag vor den Wahlen sind für eine weitere Analyse geeignet. In Abbildung 45 sowie in Abbildung 46 sieht man wie zwei Anlegergruppen gegeneinander "kämpfen": Der Kurs schwingt zwischen 4% und 4,8% Wähleranteil, wobei es im Bereich zwischen 4% und 4,8% keine Transaktionen gibt. Als Schlußkurs kommt schließlich ein Wähleranteil von 4% zustande.

Abbildung 42: Börsendiagramm der LF-Aktie

Abbildung 43: Börsendiagramm mit gleitenden Durchschnittskurven der LF-Aktie

Abbildung 44: Eingegebene limitierte Kauf- und Verkauforder der LF-Aktie (nicht verfügbar)

Abbildung 45: Alle Transaktionen der LF-Aktie

Abbildung 46: Zeitlich verzerrter Kurs der LF-Aktie

3.4.2.6 "Andere"-Aktie

In Bezug auf diese Aktie ist vor allem festzustellen, daß diese zumindest von den fundamentalen Werten her am wenigsten interessant ist. In Österreich gab es während des Wahlkampfes eigentlich keine Partei, welche, neben den bereits erwähnten, irgendeine realistische Chance auf den Einzug in das Parlament gehabt hätte. Somit bildet diese Aktie die Sammlung aller Splitterparteien.

Der Kursverlauf der "Andere"-Aktie ist deutlich in zwei Hälften getrennt (siehe Abbildung 50). Die Kurse der ersten Hälfte, welche von der Markteröffnung bis Ende Juni geht, liegen alle bei 3% oder darüber. In der zweiten Hälte von Anfang Juni bis Marktschluß bewegen sich die Kurse auf einem niedrigeren Niveau, nämlich im Bereich zwischen 1,7% und 3%. Es ist vielleicht zu bemerken, daß die Sommerferien Anfang Juli beginnen, und deshalb viele Teilnehmer nicht mehr die Möglichkeit zum Handeln hatten.

Abbildung 47: Börsendiagramm der NW-Andere-Aktie

Abbildung 48: Börsendiagramm mit gleitenden Durchschnittskurven der NW-Andere-Aktie

Abbildung 49: Eingegebene limitierte Kauf- und Verkauforder der NW-Andere-Aktie (nicht verfügbar)

Abbildung 50: Alle Transaktionen der NW-Andere-Aktie

Abbildung 51: Zeitlich verzerrter Kurs der NW-Andere-Aktie

Als Abschluß des Marktes Nationalratswahlen möchte ich einige Kommentare zum Ausgang dieser Wahlen zitieren (31):

"Es war ein Denkzettel für die Koalitionsparteien. Haiders FPÖ kassierte bei dieser Wahl die rechte Klientel, indem sie sehr demagogisch die Ängste vor Ausländern mit der Agitation gegen die etablierten Parteien (SPÖ, ÖVP) verband."

ZDF

"Erfolge im Fußball, die EU und der ewig braungebrannte Haider - journalistisch wird Österreich interessant und politisch auf Deutschland übertragbar: Das hat man von einer Großen Koalition: Die Kleinen werden immer stärker. Das bringt Ärger."

SAT1

"Der Wahlsieg Haiders bedeutet nicht nur für Österreich eine gefährlichen Rechtsruck. Wenn dieser dynamische Populismus Schule macht, lännen wir uns in Europa auf etwas gefaßt machen. Einziger Lichblick sind die beiden Frauen Petrovic und Schmidt."

Der Spiegel

"Nicht nur durch sein Wahlwerben mit Ressentiments gegen Ausländer, das Schüren von Angst um den Arbeitsplatz, die persönliche Sicherheit und vor Überfremdung in Wohnviertel und Schule hat Haider seine destabilisierende Gefährlichkeit erneut bewiesen."

Süddeutsche Zeitung

"Die politische Malaise der Wählerschaft ist groß ...Haider hatte die zunehmende Angst vor ´fremden Einflüssen´ mit dem Ausländervolksbegehren gezielt geschürt und weit übers Ziel hinausgeschossen."

Neue Zürcher Zeitung

"Die Wahl bestätigte, daß die FPÖ die erfolgreichste rechtslastige Partei in Europa geworden ist. Haiders Kampagne zielte auf Rufe nach härterer Einwanderungspolitik"

The Independent

"Das Ergebnis stärkt die Position des Millionärs und Populisten Jörg Haider in der Alpenrepublik, gerade drei Monate bevor Österreich der EU beitritt. Haider, der an der Spitze der FPÖ steht, macht mit einer Anti-Immigrations und Anti-Flüchtlings-Plattform Politik"

The Washington Post

"Besonderen Anteil am größten Wahlerfolg einer rechtsextremen europäischen Partei seit 1945 hat ÖVP-Außenminister Alois Mock. Er hatte vor der Wahl eine Koalition mit der FPÖ angedeutet und diese damit legitimiert."

Liberation

"Das Bild Österreichs im Ausland wird trüber werden. Und es wird sich ganz verdunkeln, wenn Haider an der Regierung beteiligt wird."

La Stampa


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