Mahlerischer Norden

Abschiedstag für Ingrid. Sie fliegt heute nach 6 Wochen Neuseeland und 4 Tagen Sydney nach Hause. Wir lassen uns mit dem Frühstück Zeit. Ingrid versucht wieder alle ihre Dinge in ihrem Rucksack zu verstauen. Jetzt wird er wohl schon knapp 20 kg haben, mit den Tonnen Land- und Wanderkarten und sonstigem Infomaterial, das sie gesammelt hat. Um 10 Uhr machen wir uns nochmal auf den Weg in die City, gehen ein bisschen spazieren, trinken einen Kaffee und lassen den gemeinsamen Urlaub ausklingen. Mittags geht’s dann zum Airport. Ingrid checkt für ihren Flug nach Sydney und weiter nach Wien ein (der Rucksack hat eh nur 18,5 kg – immerhin um 5 kg mehr als beim Hinflug) Dann muss sie noch brav die 25 NZD Departure Tax bezahlen, ohne die man hier nicht wegkommt. Dann heißt es Abschied nehmen – für 4 Tage. Sie geht noch Lektüre kaufen und ich mach mich um 13 Uhr auf den Weg nach Norden, wo ich meine restlichen 4 Tage ein bisschen ausspannen und vielleicht auch ein wenig golfen üben will. Ich fahre aus der Stadt, tanke das Auto ein paar km nördlich von Christchurch noch einmal voll und hab Glück, für heute und morgen noch eine Cabin in Blenheim, 300 km nördlich, reservieren zu können. Dann gibt’s eine größere Fahretappe zu bewältigen. Aber es ist nicht viel Verkehr, alles geht recht flüssig, der Himmel ist blau, das Meer an der Küste türkis, und die Hügel voller Schaffe – fast so wie immer nur ziemlich einsam ohne Beifahrerin. Viel Zeit zum Nachdenken. Einen kurzen Boxenstopp gibt’s noch in Kaikoura um ein paar Lebensmittel einzukaufen. Ein paar km weiter werden dann die Bananen und ein Muffin zur Jause gegessen. Blenheim ist dann ganz schön groß – eine richtige Stadt. Der Campground liegt neben bzw. unter einer großen Brücke. In der Cabin gibt’s zu den Betten auch Decken. Super, brauch ich den Schlafsack nicht. Allein ist die kleine Cabin recht geräumig. Seltsam wenig Sachen, wenn man allein unterwegs ist. Nach einer Erhol- und Schreibpause eine schöne Dusche und ein schnelles Abendessen bei McD. Danach Studium von Karten und Reiseführer für das morgige Programm. Früh aufstehen ist angesagt.

Schon um 7.00 Uhr war Tagwache – Ok 7.13. Kurz nach 8 schon on the road Richtung Picton. Danach über den noch immer unendlich kurvigen Queen Charlotte Drive ein Stück westwärts um dann in Linkwater weiter nach Norden abzubiegen. Hier geht die Straße über 70 km auf die Halbinseln in den Marlborough Sound hinaus. Bis nach Portage sind 29 km und eine halbe Stunde angeschrieben. Das klingt ja nach einer recht flotten Straße. Die halbe Stunde geht aber nur, wenn man M. Schumacher heißt und beide Seiten der Straße benutzen darf. Es ist extrem eng und kurvig, dauernde Licht-Schatten-Wechsel bergauf und bergab. Neben der Straße dafür herrliche Buchten, blaues Wasser, grüne Hügel, Urwald...  Wahrscheinlich das anspruchsvollste Straßenstück, das ich in den 4 Wochen Neuseeland gefahren bin. Als ich endlich in Portage ankomme, erwartet mich eine idyllisch ruhige Bucht, ein kleines Resort, ein Shop+Cafe+Tankstelle und eine Marina. Sonst nichts. Totale Ruhe. Ich geh ein bissl spazieren, mach Fotos und genieße die Sonne bei einem Kaffee. Die Grillen zirpen wahnsinnig, sonst hört man nichts. Beim Zurückfahren noch ein kurzer Halt in Te Mahia, das ist auch eine kleine Ansammlung von Häusern am Meer, idyllisch in einer kleinen Bucht, nur über einen Kilometer Schotterstraße zu erreichen. Zurück am Charlotte Drive fahr ich noch 4 km bis Picton zurück und mach einen Abstecher nach Anakiwa, wo der Queen Charlotte Track losgeht. Der ist 67 km lang und in 4 Tagen zu bewältigen. Ein netter Ort mit Wassertaxis, Booten und Strand. Kleine Pause zum Apfelessen. Jetzt geht’s zurück, zuerst nach Havelock, dann südlich den Highway Nr. 6 über Renwick und östlich nach Blenheim. In der Stadt such ich erstmal einen Parkplatz wo man nichts zahlen muss. Ich find auch gleich einen Copy Shop mit günstigem Internet. 45 min Mails lesen (95 % Spam) und ein kurzer Blick nach Österreich für 4,50 NZD. Dann die Suche nach einem Telefon. Gulp. Beide Top 10 zwischen hier und Christchurch sind morgen schon voll. Da muss ich mir was anderes überlegen. Aber zuerst ein bissl Sport. 6 km südlich von hier gibt’s eine Golf Range mit kleinem Golfplatz. Sehr unbürokratisch. In kurzen Shorts und T-Shirt für 5 NZ$ pro 50 Bälle und g r a t i s Leihschläger. So viel man will kann man hier Bälle verschießen. Greenfee übrigens 2 NZ$ (ja richtig! 2) Ich kauf mir 150 Rangebälle und fang bei 30 Grad im Schatten an abzuschlagen. Grausam. Die ältere Dame, die hier alles schupft, macht ein bissl Smalltalk – ich bin hier der einzige und brauch sowieso Pausen, weil ich schwitze wie ein Tier. Gegen 17 Uhr bin ich fertig – in beiderlei Hinsicht. Es geht zurück nach Blenheim und zur i-site. Rachel bemüht sich sehr, für mich ein Zimmer in Kaikoura aufzutreiben. Gar nicht einfach, aber nach zig-sten Versuchen bekomm ich ein Motel Zimmer direkt an der Beach Street. Das wird morgen ein geruhsamer Nachmittag, denk ich. Jetzt erst mal was zu essen. Heute vormittag hab ich übrigens bemerkt, dass ein Teil der Lufteinlassrippen an der vorderen Stoßstange gebrochen und nach innen gebogen ist, fast bis zum Ventilator des Kühlers. Ist mir erst heute aufgefallen, kann aber sein, dass ich schon gestern einen der spatzenähnlichen Vögel erwischt habe. Der Kühler funktioniert aber einwandfrei. Durch die Kasko auch kein Problem mit der Autovermietung denk ich.

Allein steht sich’s in der Früh einfacher auf – seltsam. Um 7 Uhr Tagwache, schon um 8 Uhr geht’s los. Zuerst das Auto auftanken und dann mit ein paar Fotostops – zB an einer großen Salzgewinnung am Meer – in den Süden. Kurz nach 10 Uhr laufe ich schon in Kaikoura ein. Mittlerweile kenn ich mich hier ja schon aus. Zuerst such ich die i-site auf und schau, dass ich ein Zimmer für die letzte Nacht in Christchurch bekommen. Für 115 NZ$ bekomm ich gleich ein Studio direkt im Zentrum – naja man gönnt sich ja sonst nix und außerdem muss das Bargeld eh weg. Danach such ich mal mein Motel hier, es ist ein bissl außerhalb. Das Zimmer wird gerade hergerichtet. Hier schlafen Hund und Katz friedlich nebeneinander. Habe bei der Fahrt übrigens ein paar Sheep Dogs bei der Arbeit gesehen, die haben Schafe und auch Kühe getrieben. Zu Mittag geht’s zu Donegal’s House (ja Chris, ich wusste gar nicht, das du hier ein Häuschen hast!) Ein Irish Pub ca. 5 km außerhalb, established 1865. Auf der Terrasse wird irische Musik gespielt. Das Pub ist dunkel. Im Park mit Teich laufen Enten, Pfaue und was weiß ich noch herum. Bei einem Pint Kilkenny und lokalem Fish&Chips denk ich an meine baldige Heimkehr. Falls ich das noch nicht erwähnt habe – in fast allen Pubs und Cafes bestellt und bezahlt man gleich auch am Counter. Das Getränk kann man gleich mitnehmen und dazu eine Nummer, die man auf den Tisch stellt, damit die Kellner wissen, wo sie welches Essen hinservieren sollen. Trinkgeld gibt’s keines, nirgends in Neuseeland. Nach dem Essen geht’s ans andere Ende der Stadt zum Golfplatz. Nett, aber nicht ganz neu. Leider haben die keine Range und fürs Spielen und die Leihschläger ganz schön teuer. Die Handicaplisten der Mitglieder hängen im Clubhaus aus – kaum einer schlechter als 25. Gulp. Heute ist es entschieden zu heiß zum Spielen. Ich fahr zur Seals Colony und geh die Klippen hinauf. Einfach mal eine Stunde aufs glatte Meer schauen tut der Seele gut. Es ist Ebbe und am anderen Ende ist Südamerika. Weit zu schwimmen. Dann gibt’s einen Kaffee an der Straße am Meer. Ich fang eines der neuen Bücher zu lesen an, muss eh noch aufholen. Der neue William Gibbson fängt sehr gut an. Dann ein bissl Shopping, irgendwas muss man ja mitbringen. Dann noch ein bissl Lesen am Meer. Als es kühler wird, geh ich zurück ins Motel: duschen, Abendessen (was halt noch da ist), fernsehen, lesen... faul sein. Relax

Wieder mal früh auf den Beinen, 7 Uhr. Alles wird brav zum letzten Mal ins Auto gepackt. Frühstück aus schwindenden Beständen. Kurz nach 8 geht’s los. Ich hab eine nette Fahrt bis kurz vor Christchurch. Die erste halbe Stunde regnet es ein bisschen. Dafür kein Verkehr, nur ein paar dahinrasende Trucks. Die dürfen eigentlich nur 85 km/h fahren, brausen aber mit bis zu 110 km/h dahin, wenn es gradaus geht. Nochmal Benzin einfüllen und das Hotel suchen. Es ist leicht zu finden, hier ist das Navigieren nicht schwierig – quadratisch – praktisch – schick. Check in leider erst ab 14 Uhr aber ich kann das Auto stehen lassen und die 3 Blocks in die City gehen. Heute wird geshoppt, was die Kreditkarte hergibt. Gifts für friends & familiy. Außerdem find ich eine schöne Flagge für Ingrid. Kurzer Snack als Mittagessen und dann setz ich mich ne Stunde an den Pool des Hotel/Motel/Backpackers im Hof. Der Pool ist unglaubliche 1.100 m tief (Foto als Beweis) . Um 14 Uhr ist das Zimmer fertig, ein sehr luxuriöses Studio. Ich schmeiß meine Sachen hinein und pack die Essenskiste aus. Die nehm ich auf dem Weg zur Rentalstation mit und lass sie bei Rainer und Vesna – ich treff sie gerade in der Küche an. Nach einem kurzen Plausch fahr ich weiter zum Russel Golf Club. Sehr schön – und teuer. Ich kauf im Pro-Shop noch ein bisserl ein und huldige dem hiesigen Visa-Gott. Schon praktisch. Bei der Autovermietung angekommen reissen die mir doch tatsächlich 250 NZ$ Selbstbehalt für den Vogelschaden am Auto runter. Sauer. Dafür führt mich ein Fahrer wieder bis in die Stadt. Ich pack meine Sachen für morgen und schau dabei Golf im TV (NZ Open). Alles einmal raus und geordnet wieder rein. Passt. Dann geht’s in die City. Fast ein ½ kg Kuh muss dran glauben, runtergespült mit einem Bierchen gleich am Cathedral Square. Lecker. Zurück im Hotel erreicht mich ein SMS von Rainer, er will mich morgen zum Flughafen führen und ist grad in der Nähe. Also wieder raus aus dem Bett und noch ein Bierchen (im Freien). Mein Steak-Abendessen wurde übrigens musikalisch unter anderem von Falcos „Amadeus“ begleitet, was gefolgt von U2 und anderen einen lustigen NZL-Mix ergibt. Fast wie daheim. Schlaf erst um Mitternacht.

Um 8 Uhr läutet der Wecker, langsam aufstehen, noch einmal ausgiebig duschen und essen, was noch da ist: Schokolade, Keks, Milch, Tee. Dann wird das Gepäck flugsicher gemacht und noch einmal ein bisschen Golf geschaut. Vielleicht kann man das ja doch vom Zuschauen lernen. Kurz vor 10 Uhr check ich aus. Rainer verspätet sich um eine halbe Stunde. Wir fahren ein paar Meter in die Stadt und trinken noch einen Kaffee. Dann schippert er mich zum Airport. Wenig Verkehr heute. Als ich um 11.45 ins Terminal komm, beginnt Air New Zealand gerade mit dem Check-in. Taschen aufgeben, brav Departure Tax (25 NZ$) zahlen, dann marschier ich die ca. 5 Minuten hinüber zum Antarctic Center und geb mir für 20 NZ$ die Ausstellung. Sehr nett gemacht, multimedial, für kleine Kinder bis hin zu den Großeltern. Es gibt auch eine Kältekammer mit Schnee, man kriegt Gummiüberschuhe - damit der Schnee nicht dreckig wird - und wer will auch ein Mäntelchen. Dann kann man hineingehen. Ha eigentlich nur –5 Grad, aber alle halben Stunden gibt’s eine Sturmsimulation. Dann wird’s sehr frisch, wenn auch nur ca. – 20 Grad. In echt geht’s in der Antarktis bis unter –70 Grad und der Sturm kann über 200 km/h erreichen. Nach eineinhalb Stunden geh ich wieder, esse die letzten Reste  – 2 Müsliriegel, den letzten von Ingrids Äpfel und das letzte Cola. Mit den letzen NZ$ kauf ich mir noch eine Computerzeitschrift mit der neuesten Suse Linux DVD. Bissl Lesen vor dem Gate. Der neue W. Gibbson ist wirklich gut. Die Maschine nach Sydney startet mit einer viertel Stunde Verspätung, wird aber pünktlich ankommen. Ruhiger Flug, nette Bestuhlung, etwas mehr Platz auch in der Economy Class. Ein nagelneuer Airbus. Nach dem Verlassen von NZL noch ein paar Sprüche, die ich hier aufgeschnappt hab: „Size does matter“ (Beim Fischen. Die zu-kleinen stehen unter Schutz!) „There is space for all of God’s creatures – between two slices of bread“ (no comment)

In Sydney gibt's nur einen kurzen Aufenthalt und schon jede Menge Leute am Gate als ich dazukomm. Keine Chance auf die Exit-Window-Row. Dafür gibt’s in der Maschine eine schöne Überraschung: ich hab eine ganze Reihe für mich allein – zumindest bis Kuala Lumpur kann ich quer über die Sitze liegen und immerhin 4 Stunden schlafen. Dann gibt’s wieder einen Katastrophenfilm in alter Tradition. Naja eher Action: Alien vs Predator. Kuala Lumpur ist um 23.30 wieder mal so charmant wie immer. Nach einer Stunde heraußen geht’s wieder hinein in den Flieger. Jetzt ist die Reihe leider zur Gänze besetzt. Also nix mit Bett bis Wien, zum Glück sitzt es sich aber doch einigermaßen bequem. Noch 12 Stunden bis zum Schnee.


Mehr und größere Photos von Christchurch,  Kaikoura und dem Marlbrough Sound gibts hier, hier und hier.

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Last Updated: 2005-08-23